Herzliche Einladung zum Heimatnachmittag

 an alle an der heimischen Landwirtschaft interessierten Wittener Bürger:innen,
 an die Heimatfreunde Witten – Stockum / Düren und
 natürlich die aktiven Landwirte sowie die Vertreter des Westfälisch-Lippischen Bauernverbandes, die sich bereit erklärt haben, an der Diskussion teilzunehmen

Seit Anbeginn der menschlichen Zivilisation, also vor etwa 10.000 Jahren, als der Übergang von Jäger- und Sammlerkulturen zu sesshaften Bauerngemeinschaften begann ( = 1. Agrarrevolution), ist die Landwirtschaft nicht nur Nahrungsquelle, sondern auch zentrale Basis des fesellschaftlichen Lebens, des Handels, der kulturellen Entwicklung und somit der ersten Hochkulturen (u. a. im Vorderen Orient) - aber immer in unmittelbarer Abhängigkeit von Jahreszeiten, Wetter und Wasserverfügbarkeit.

Mit der industriellen Revolution, der „2. Agrarrevolution“, veränderte sich die Landwirtschaft grundlegend: Maschinen erleichterten die Arbeit und steigerten die Produktivität erheblich, Dünger und Pflanzenschutzmittel aller Art erhöhten die Erträge, führten aber zugleich zu gravierenden ökologischen Belastungen der Umwelt – und parallel dazu nahm gleichzeitig die Zahl der in der Landwirtschaft tätigen Menschen drastisch ab.

In der Gegenwart ( = 3. Agrarrevolution) muss die Landwirtschaft die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung sichern und gleichzeitig nachhaltiger werden. Klimawandel und die Verschlechterung der Bodenqualität, Wasserknappheit und Verlust der Artenvielfalt sind Probleme, die sowohl die landwirtschaftliche Produktion, aber auch die Stabilität ganzer Ökosysteme bedrohen. Zugleich eröffnen neue Technologien (Sensoren, Satellitendaten, Drohnen, biotechnische Verfahren wie CRISPR, ggf. die Gentechik) Chancen für eine nachhaltige Landwirtschaft, um Felder gezielt zu bewirtschaften und Schädlingsbefall frühzeitig zu erkennen. Die natürlichen Ressourcen stehen dabei bewusst im Mittelpunkt, und mit Hilfe der digitalen Technik wird versucht, ein Gleichgewicht zu schaffen zwischen Arbeitseinsatz, Produktivität und Umweltschutz – mit dem Ziel, eine Landwirtschaft zu etablieren, die auf Nachhaltigkeit und Biodiversität ausgerichtet ist und zunehmend einen wahrscheinlich noch größeren Beitrag leisten wird, um Klimawandel, Ressourcenknappheit und sichere Ernährung für alle in Einklang zu bringen.

Und was ist angesichts dieser skizzierten Entwicklung in Bezug auf die Landwirtschaft „vor Ort“ zu sagen, die über Jahrhunderte hinweg der dominierende Wirtschaftszweig in Witten – Stockum war? Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Landwirtschaft in Stockum-Düren primär geprägt durch Kleinst - und Kleinbetriebe: von knapp 30 landwirtschaftlichen Betrieben hatte 1/3 weniger als 5 ha, 1/5 sogar weniger als 2 ha Nutzfläche, was zum Leben zu viel, zum Sterben zu wenig war. Überlebensfähig waren diese Betriebe nur mit einem Zuerwerb bzw. Nebenerwerb außerhalb der Landwirtschaft. Die Folge: die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe nahm im Laufe der folgenden Jahrzehnte ebenso ab wie die Zahl der familienfremden Arbeitskräfte. Heute gibt es in Stockum-Düren nicht einmal ein Dutzend Hofstellen, von denen einige von den Eigentümern und zugehörigen Familienangehörigen im Haupterwerb geführt werden, andere primär landwirtschaftliche Neben- und Zuerwerbsbetriebe sind, die sich zunehmend spezialisiert haben (u. a. zu Pferdebetrieben bzw. Pferdepensionen) und zu Betrieben geworden sind, die durch Pacht- und Flächenübernahme ihre Rentabilität erhöht haben und die Mindestgröße der landwirtschaftlichen Nutzfläche von ca. 50 ha überschreiten – also wirtschaftlich überlebensfähig sind. Setzt sich dieser ökonomisch bedingte Trend fort, dass einzelne Landwirte die noch vorhandenen Hofstellen entweder durch Pacht oder Zukauf oder Spezialisierung vergrößern, andere ganz aufgeben, dann ist das zwar eine „Lösung des Problems“, aber zu einem sehr hohen Preis. Doch mindestens eine Frage bleibt offen und bedarf der fachkundigen Antwort: Wie geht es weiter, um nachhaltig und rentabel (mehr) Nahrungsmittel bei gleichzeitigem Klimaschutz und anderen ökologischen Aspekten zu produzieren? Ist es die regenerative oder eher die konventionelle Agrarwirtschaft, die praktische Lösungen in Bezug auf die Zukunft anbieten?

Oder gibt es ggf. noch andere Alternativen? Auf diese und alle anderen Fragen werden sowohl die anwesenden aktiven heimischen Landwirte als auch die Vertreter des Westfälisch - Lippischen Landwirtschaftsverbandes Auskunft geben und mit Ihnen diskutieren, welche Faktoren und Probleme die Landwirtschaft (ganz allgemein und) speziell in Stockum/Düren in Gegenwart und Zukunft bestimmen (werden).

Karl – H. Thomas